„Man kann nur schützen, was man kennt“

Susanne Frisch hat ein Ziel: Kinder und Jugendliche zu künftigen Naturschützerinnen und Naturschützern machen. Doch ihre Führungen und Ausflüge sprechen auch viele Erwachsene an. Im Interview erklärt das Vorstandsmitglied des NABU Steinenbronn/Waldenbuch, warum das Kinderprogramm zum Familienevent wird. 

 

Liebe Frau Frisch, wie sieht denn Ihr Kinderprogramm im Moment aus?

 

Fest eingeplant haben wir jedes Jahr die Flurputzete. Und wir betreuen Nistkästen auf dem Steinenbronner Friedhof. Das sind zwei Highlights, bei denen besonders die größeren Kinder sehr gerne mithelfen. Kleinere Kinder schauen meistens zu und ich vermittle ihnen Wissenswertes aus der Vogelwelt. Ich organisiere auch eine Frühlingsführung, dabei gibt es meistens einen groben Rahmen und wir schauen dann, was die Natur so hergibt. Wenn man im Frühling das erste Mal rausgeht, interessieren sich die Kinder entweder für Kaulquappen, wenn wir welche finden, oder für Blumen und Kräuter oder aber wir sehen interessante Vögel. Es gibt außerdem ein Sommerferienprogramm, eine Kräuterführung und die Fledermausführung ist bei uns der Renner. Meistens schaffe ich so vier oder fünf Angebote aufs Jahr. Mehr ist bei mir zeitlich leider nicht drin, weil mir eine zweite Betreuungskraft fehlt. Ideen hätte ich genug, Zeit leider zu wenig (lacht).

 

Seit wann gehören denn Angebote für Kinder zum Programm des NABU Steinenbronn/Waldenbuch?

Bald 20 Jahre. Erste Angebote für Kinder gab es schon 1997 unter dem früheren Vorsitzenden unserer Gruppe Frank Derer. Estrid Krafft-Uhl und Barbara Winkler boten dann 2 Jahre später regelmäßige Nachmittage für Kinder an. Später bin ich dann hierher gezogen und mit meinem kleinen Sohn dazugekommen. Nach und nach habe ich die Organisation übernommen.

 

Sie organisieren neben Ihren weiteren Aufgaben im Vorstand und als Pressesprecherin Ihrer Gruppe ein umfangreiches Programm für Kinder und Jugendliche. Warum ist es Ihnen besonders wichtig, die Jüngsten an den Naturschutz heranzuführen?

 

Ich möchte die Kinder gerne mehr in die Biotop-Arbeit einbinden. Oft wird gerade die Biotop-Arbeit von älteren Leuten geleistet und die Jüngeren müssen da ja hineinwachsen. Ich sehe da große Chancen und Möglichkeiten, die Kinder einfach von klein auf zu begeistern – selbst wenn man nur ein oder zwei Angebote übers Jahr machen kann. Deswegen möchte ich mit der Gruppe trotz meiner vielen Aufgaben nicht aufhören. Man muss den Jungen und Mädchen die Augen öffnen. Denn ich sage immer: „Man kann nur schützen, was man kennt.“ 

Haben Sie über die Jahre Veränderungen in der Kinder- und Jugendarbeit festgestellt?

Die Kinder sind weiterhin begeisterungsfähig, aber sie haben keine Zeit mehr. Durch die Ganztagsschulen und besonders, wenn die Kinder dann auf weiterführende Schulen gehen, bricht der Kontakt oft ab. Die Kinder können dann meistens nur noch einen Verein besuchen, das sagen mir die Eltern ganz konkret. Und das ist dann oft Fußball, allgemein Sport oder was Musikalisches – sie müssen sich einfach entscheiden. Und dann heißt es „Wir würden gerne zu Dir kommen, aber wir haben leider keine Zeit mehr.“

 

Wie gehen Sie damit um?

Ich habe vor vier oder fünf Jahren gesagt, wir müssen eine Familiengruppe anbieten und unser Programm auf Freitagnachmittag verschieben, auf Samstag oder zur Not auch Sonntag. So wird unser Angebot zum Familienevent. Es kommt sehr gut an, wenn wir beispielsweise am Sonntagmorgen einen Spaziergang anbieten und mit der ganzen Familie schauen, welche Tiere und Pflanzen uns begegnen. Oder wir machen einen Ausflug und suchen im Schieferbruch nach Fossilien. Da fahren die Eltern dann gemeinsam mit ihren Kindern hin und das läuft gut.

Gelingt es auf diese Weise, Familien zum Thema Naturschutz zusammenzubringen? Gemeinsame Unternehmungen werden im stressigen Alltag ja immer seltener.

Ja, das ist richtig. Die Eltern sind oft dankbar, wenn man ein Angebot über ein paar Stunden am Wochenende macht und sagt „Kommt einfach mal mit und dann schauen wir mal.“ Sie möchten diese Freiheit und Flexibilität. Um das leisten zu können, hoffe ich, dass wir bald eine zweite Betreuungsperson finden. Bei unserer NABU-Gruppe „muss“ man gar nichts, wir teilen uns die Aufgaben. Und: Egal ob man zehn oder vier Angebote im Jahr macht, Hauptsache man macht etwas!

 

Wir duzen uns innerhalb der Gruppe, auf Wunsch auch mit den Eltern. Das schafft eine lockere, familiäre Atmosphäre, wie es sich für eine Familiengruppe gehört. Neue Kinder und schüchterne Kinder fühlen sich so schneller als Teil der Gruppe. 

Was ist für Sie das Schönste an der Arbeit mit Kindern?

Wenn etwas hängen bleibt. Ich hatte ein besonderes Erlebnis bei einer Frühlingsführung mit Kindern, die regelmäßig mitgehen. Ich fange mit ihnen Kaulquappen, zeige sie ihnen, erzähle was, dann setzen wir sie vorsichtig zurück. Dabei hatte ich mal eine Lehrerin dabei, die zwei Kaulquappen mitnehmen wollte, um sie am nächsten Tag den Schulkindern zu zeigen. Und dann haben meine NAJU-Kinder rebelliert und gesagt: „Das darfst Du nicht, die Kaulquappen müssen im Teich bleiben.“ Und das fand ich toll und habe gemerkt: Da ist etwas hängen geblieben. Oder auch bei der Flurputzete, die Kinder, die dabei sind, werfen nichts mehr weg. Denn man vermittelt auch, was passiert, wenn ein Tier in die Glasscherbe tritt oder wenn ein Igel mit dem Kopf in einem Becher stecken bleibt. Wir lesen ja nicht nur den Müll auf, wir reden auch darüber. „Oh, das muss ich meiner Mami sagen, das darf man nicht machen“ – solche Sätze höre ich oft.

Es kommt auch immer wieder vor, dass Jahre später, sich die ehemaligen NAJU-Kinder an die Susi erinnern, sei es weil sie Hilfe für ein Referat brauchen oder eine FÖJ Stelle beim NABU suchen.

 

Wie stellen Sie sich die Kinder- und Jugendarbeit im NABU in den nächsten Jahren vor?

Ich würde mir wünschen, dass es mehr Kooperationen mit anderen Vereinen gibt. Man kann etwas verändern und manche vielleicht dazu bewegen, es doch einmal mit der Jugendarbeit zu versuchen. Ich habe inzwischen Kooperationspartner, die mich bei der Arbeit unterstützen, darunter einen Streuobstpädagogen und unsere Sportfischer. Da gibt es durchaus Berührungspunkte. Wir haben Wasseramselnistkästen zusammen aufgehängt und wir planen, eine Wasserbestimmung aus Fischer-Sicht für die Kinder zu machen. Ich finde es ganz toll, dass Partner von anderen Vereinen auf mich zukommen. Man schaut dadurch über den Tellerrand und schafft Verständnis füreinander.

 

Die Integration der Kinder und Jugendlichen unserer Migranten in unserer Gruppe wäre für beide Seiten auch eine Chance um sich besser kennenzulernen. Erste sehr positive Erfahrungen gibt es bereits.